Zwei Tage TikTok-Formate an der TH Köln: Behind the Scenes

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Was macht eigentlich ein gutes Content-Format aus? Je länger man über diese Frage nachdenkt, desto tiefer steigt man ins Rabbit Hole.

Vordergründig geistern viele Schlagwörter durch die Gegend: Guter Content muss originell sein, qualitativ hochwertig, Mehrwert bieten. Alles schön und gut – aber welche Kriterien liegen dahinter? Und wie setzt man es um?

Daran arbeite ich jedes Jahr mit Studierenden an der TH Köln. Seit 10 Jahren arbeite ich als Dozent im Studiengang Online-Redaktion. Gemeinsam entwickeln wir dort Content-Formate – in diesem Jahr mit Fokus auf TikTok.

In der Podcast-Episode schildere ich mein Vorgehen. Welche Methoden ich anwende, welche Eindrücke ich von der Gen-Z habe und warum mir der Loop aus Erkenntnis und Umsetzung so wichtig ist.

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Der Studiengang Online-Redaktion

Der Studiengang Online-Redaktion kombiniert journalistisches Handwerk mit Multimedia Produktion, Webdesign, Webtechnologien und Content Marketing. Ein interdisziplinärer Ansatz, der aus meiner Sicht die Realität sehr gut widerspiegelt.

Viele Studierende wollen später in Medienhäusern digitaljournalistisch arbeiten, aber auch oft im Bereich Corporate Communications und Social Media Marketing. Auch die ganze Welt der Content Creator finden viele sehr spannend – auch wenn sie selbst fast nie eigene Kanäle haben.

Ich selbst habe journalistische Wurzeln, habe während des Studiums bei einer regionalen Tageszeitung gearbeitet, später dort volontiert und danach als freier Journalist gearbeitet. Seit etwa zehn Jahren arbeite ich als Berater im Bereich SEO und Content-Marketing. Als “Content-Mensch”, der beide Seiten kennt, fühle ich mich in diesem Studiengang als Dozent sehr wohl. Zur Vorbereitung habe ich im vorigen Jahr meinen eigenen TikTok Kanal gestartet, den ich mal mehr, mal weniger nutze.

TH Köln Seminar

Hier geht’s zur Website des Studiengangs.

Was ist ein gutes TikTok Format? Beispiele der Gen-Z

Professionell produzierte Formate

Die Gen-Z schaut gerne professionelle Formate, die den Plattformregeln entsprechend produziert werden. Länge, Geschwindigkeit, Schnitt, Sprache, Stil – alles muss passen. Seit mehreren Jahren wird hier die Tagesschau auf TikTok genannt. Die Tagesschau hat einen sehr spezifischen Ansatz: Junge Presenter machen die ernsten Themen. Die “alten” Presenter aus dem TV machen die humorvollen Themen. Dieser Bruch mit den Erwartungen gefällt der Gen-Z. Gleichzeitig sind alle Videos perfekt produziert. Die Tagesschau ist klar “Format-dominiert”. Die PresenterInnen sind wichtig, aber letztlich Mittel zum Zweck. Solche Ansätze werden auch oft im Wissensbereich gerne gesehen, etwa Food, Psychologie oder alle Funk-Formate.

Authentische Creator-Formate

Deutlich mehr im Fokus der Gen-Z ist allerdings Creator Content. Hier steht eine Person im Mittelpunkt, die authentisch “ihre” Themen bespricht. Beispiele: Frau Gretel, Thasim, Malte Zierden, Levi Penell, Josi schreibt, Carlo Sommer und viele andere – je nach Interesse an den Themen der CreatorInnen. Die Creator sind nahbar, arbeiten u.a. mit atmosphärischen, wackeligen oder “unproduziert” wirkenden Videosequenzen. Aber sie sind viel professioneller als jedes Profi-Format. Weil sie eine Nähe aufbauen und dadurch von ihrer Community getragen werden. Außerdem haben sie die Fähigkeit, alle Erwartungen – etwa an Sprache, Schnitt, Tempo etc. – zu erfüllen und gleichzeitig auch immer wieder Erwartungen zu brechen, etwa durch eine überraschende Themwahl.

TikTok Kanäle von Unternehmen

Die Gen-Z feiert auch Unternehmen und Organisationen auf TikTok – wenn diese das Spiel verstehen. Was für die Gen-Z bedeutet: Der Kanal sollte in sich eine Wiedererkennbarkeit und einen klaren Stil haben. Es braucht erkennbare Persönlichkeiten, die für den Kanal stehen und dadurch Authentizität reinbringen. Man sollte sich selbst nicht so ernst nehmen – Humor kommt immer gut an.

Erfolgsbeispiele sind die Polizei Sachsen-Anhalt mit witzigen Videos, Kapten & Son mit einem Interview-Format oder die Bank Austria mit zwei klar erkennbaren Charakteren.

Ein riesiges Budget braucht man dafür übrigens nicht. Es ziehen die Kanalidee, die Themenideen und starke Persönlichkeiten, wie zum Beispiel beim Antiquariat Willbrand aus Köln. Seine Videos werden professionell und produziert – aber immer im gleichen Setting und mit ruhigen Schnitten. Es ist eine spezifische, wiedererkennbare Machart. Genau wie bei den Creator-Formaten und den von Medienhäusern produzierten Formaten. Kein Wunder also, dass auch der Antiquar sehr erfolgreich auf TikTok ist.

Die Kunst für Unternehmen besteht darin, Persönlichkeit zu zeigen, aber nicht zum “Creator Kanal” zu werden, bei denen eine Persönlichkeit den gesamten Kanal trägt. Das ist zum Beispiel Aevor auf TikTok passiert, dass sich nach dem Abgang von Belinda neu erfinden muss. Im Uni-Jahrgang aus dem Vorjahr kannte jeder Aevor. In diesem Jahr wurde der Kanal kein einziges Mal erwähnt. Auf der anderen Seite kann jedes Unternehmen froh sein, wenn es eine solche Persönlichkeit findet, die bereit ist, einen Kanal über eine längere Zeit zu verkörpern und aufzubauen.

TikTok Beispiel

Was bedeutet “Mehrwert”? Die Kriterien dahinter

Jeder User stellt sich bei jedem Stück Content unterbewusst die Frage: “Was bringt mir das?” Content braucht eben einen “Mehrwert”. Und diesen Mehrwert kann man systematisch betrachten. Aus meiner Sicht hilft hier folgende Kategorisierung:

  • Lernen / Wissen
  • Information / News
  • Inspiration
  • Unterhaltung / Humor

Wer sich klar macht, welchen Mehrwert man für die User generiert, erschafft automatisch ein inhaltlich konsistenten Kanal. Ein ähnliches Modell wird auch bei vielen (fortschrittlichen) Medienhäusern als “User Need Modell” angewendet. Dazu hier ein sehr hilfreicher Artikel von Konrad Weber.

Das User Need Modell ist allerdings aus meiner Sicht sehr eindimensional. Es sieht die verschiedenen Mehrwerte eher im Gesamtportfolio einer Nachrichten-Website oder einer Zeitung. So dass zum Beispiel ein Thema durch einen informativen Artikel, einem Hintergrundstück und einer Glosse besprochen wird. Die Darstellungsformen werden klar voneinander getrennt.

Mir fällt aber in der Praxis auf, dass erfolgreiche Content Creator die verschiedenen Mehrwerte kombinieren. Sie sind zum Beispiel sehr informativ und gleichzeitig sehr unterhaltsam – und das über alle Videos hinweg (Konsistenz). Man sollte die Mehrwerte also mehrdimensional betrachten, als Tool in der Eigenentwicklung oder in der Marktanalyse. So tief bzw. theoretisch steige ich im Seminar allerdings nicht mehr ein. Mir ist wichtiger, dass die Studis in der Zeit eigene Formate entwickeln.

Content Profile

Professionelle Videos – aber Hemmungen zu veröffentlichen

Smarte Produktion

Alle Gruppen haben in kürzester Zeit eigene TikTok Kanäle aufgebaut und ein erstes Video produziert. Einige Formate als Beispiele: “Teenie Filme Revisited”, “Cologne Food Spots”, “Worst Rated Cafés im Test”, “True Crime Fails”, “Female Friendship”, “Music Street Surveys”. Alle Videos waren perfekt produziert und könnten auf jeder For You Page erscheinen. Es wurde immer rein mit dem Smartphone aufgenommen und häufig mit CapCut geschnitten. Aus meiner Perspektive kann jeder der Studierenden einen eigenen Kanal aufbauen – für sich selbst oder für Medienhäuser oder andere Unternehmen.

Scheu vor der Sichtbarkeit

Gleichzeitig war für alle Gruppen klar: Sie wollen die Videos nicht veröffentlichen. Die Produktion wurde als reiner Test bzw. als Aufgabe im Studium gesehen – auch wenn man den Eindruck hatte, dass alle viel Spaß dabei hatten. Dahinter steht auch eine Scheu, persönlich sichtbar zu sein. Das eigene Gesicht auf TikTok? Das ist vielen extrem unangenehm. Ich persönlich finde das schade, weil ich glaube, dass man sich so viele Chancen nimmt. Und weil es Teil der persönlichen Entwicklung sein sollte, dass man als Content-Schaffender den Umgang in der Öffentlichkeit lernt. Letztlich ist es auch eine Anforderung in der Berufswelt der Content Creator.

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