Viele Medienhäuser kämpfen mit dem digitalen Wandel. Für den Website Traffic bedeutet dass: Es muss konvertieren – zum Beispiel in Form von digitalen Abos. Sehr erfolgreich setzt das DIE ZEIT um. Was ist die Erfolgsformel dahinter?
Darüber sprechen wir mit Olaf Seydel. Er ist Head of Engagement & Growth. Sein Schwerpunkt liegt also genau in der Verknüpfung aus loyalen Usern – mit konkreten Wachstumszahlen.
Wir sprechen mit Olaf über seine Arbeit. Auf welche Kennzahlen schaut er und sein Team? Was sind typische Tests, die sie fahren? Wie arbeitet die SEO-Abteilung mit der Redaktion zusammen? Und natürlich sprechen wir auch über den KI-Wandel.
Der rote Faden, der sich durch das Gespräch zieht: Guter Content bindet User. Und User mit einer hohen Bindung schließen Abos ab. Nachweislich.
Unser Gast: Olaf Seydel
Olaf Seydel ist Head of Engagement & Growth bei ZEIT Online. Olaf arbeitet seit zwölf Jahren für den ZEIT Verlag. Bei seinem Einstieg war er der erste Mitarbeiter, der dediziert den Begriff SEO in seiner Berufsbezeichnung hatte und recherchierte Keywords für die RedakteurInnen.
Heute besteht sein Team aus fünf Fachkräften, darunter zwei SEO-ManagerInnen. Angesiedelt ist das Team in der Abteilung “Audience”, in der sechs KollegInnen arbeiten. Sie sind dem CTO zugeordnet.
“Wir arbeiten wie eine interne Beratungsagentur im Verlag”, erzählt Olaf uns im Interview. Ziel ist es, große Nutzerströme besser zu verstehen und zu leiten. “SEO ist dabei unsere größte messbare Traffic-Quelle.”
Die Zahlen aus der Grafik stammen aus folgenden Quellen: 11,49 Mio. Leser pro Monat auf Zeit Online (AGMA DNA Durchschnitt Q1 2025), 500.000 Abos LinkedIn Post des Geschäftsführers.

Hohle Reichweite oder nachhaltige Bindung?
Ein Begriff, den wir im Gespräch diskutieren: Die “hohle Reichweite”. Denn viele Publisher veröffentlichen zum Beispiel reißerische Artikel, im Fachjargon Clickbait genannt. Solcher Reichweiten-Content wird zwar sehr viel gelesen, löst also viele Page Impressions und damit auch Ad Impressions aus. Aber die Artikel führen nicht zu Abos. Im Gegenteil: Die Marke wird dadurch entkernt. Eine ähnliche Diskussion gibt es in der SEO-Welt auch außerhalb der Publisher. Zum Beispiel optimieren viele Unternehmen auf Keywords, die zwar SEO Traffic bringen, die aber letztlich nicht zum Kerngeschäft beitragen, also keine Leads oder Sales generieren.
Umgekehrt: Wenn man eine hohe Bindung aufbaut, kommen die User auch wieder, wenn ein Traffic-Kanal vielleicht einmal weniger abliefert oder sich auch grundsätzlich ändert, wie derzeit Google mit seinen AI Overviews. Solche Themen wie Engagement sind außerhalb der Publisher-Welt aus unserer Sicht noch gar nicht angekommen. Viele Unternehmen schauen nur auf den SEO Traffic an sich. Sie haben weder Ideen noch Formate, um User zu binden. Doch genau das ist in einer Customer Journey notwendig. Man braucht ein System, das viele Touch Points auslöst. SEO ist hier ein Kanal von mehreren.
Paid Content und SEO – ein Widerspruch?
Auf den ersten Blick sind harte Nachrichten das Geschäft der Medienhäuser. Doch die ZEIT stellt genau solche News nicht in den Paid Content Bereich, sondern stellt sich frei zur Verfügung. “Was wir häufiger verschließen, sind Autorentexte. Artikel, die tiefer gehen. Durchdachter, ausgeruhter Journalismus”, sagt Olaf. Auch Themen, die nah am Alltag der Menschen sind, führen häufig zu Abos, wie etwa die Themenbereiche Gesundheit, Liebe, Finanzen. Gleichzeitig sind verschlossene Artikel auf den ersten Blick schwer mit SEO zu vereinen. Denn die Inhalte sind ja nicht erreichbar.
Doch hier gibt es eine technische Lösung: Artikel sind für den Google Crawler erreichbar, obwohl sie hinter einer Paywall liegen. “Flexible Sampling” lautet die Google-Lösung. Außerdem gibt es ein Editorial-SEO-Team, das tagesaktuell mit der Redaktion zusammenarbeitet und beratend zur Seite steht. Zudem hält das SEO-Team Ausschau nach alten Abo-Artikeln, die gut funktioniert haben, und stellt sie nach einiger Zeit frei zur Verfügung. Indem die Artikel in der Linkstruktur wieder nach vorne gezogen werden, steigen sie auch schneller ins Google Ranking ein.