Von 2,8 Millionen Besucher auf 800.000 Besucher im Monat: Das ist die SEO-Entwicklung von Hubspot im letzten halben Jahr. Ein heftiger Absturz, der bitter für das dortige SEO-Team ist – und in der SEO-Welt viel diskutiert wird. Schließlich war Hubspot viele Jahre ein Best Case. Viele SEO-Verantwortliche haben ihre eigene Strategie daran ausgerichtet.
Aber was sind die Gründe für diesen Absturz? Was ändert sich gerade bei Google? Und brauchen Unternehmen ein neues SEO Playbook? Hier besprechen wir das Playbook, die verschiedenen Thesen – und stellen eine eigene These in den Raum.
Das SEO Playbook von Hubspot
Hubspot hat das “Content Game” über Jahre skaliert. Heißt: Das SEO- und Content-Team hat über Jahre hinweg sehr viele Ratgeber-Artikel veröffentlicht. Im SEO-Tool ahrefs finden sich 13.000 URLs im Blog. Die Artikel wurden über länderspezifische Teams regionalisiert.
Die Artikel sind sehr umfassend geschrieben und auf höchstem Niveau optimiert. Von der Keyword-Strategie über die Struktur bis zur internen Verlinkung – alle gängigen SEO-Methoden wurden in den Artikeln angewendet. Insofern ist es nicht verwunderlich, dass zigtausende dieser Artikel sehr erfolgreich im Google Ranking waren.
In Deutschland setzen solche skalierten Content-Prozesse nur sehr wenige Unternehmen um. Viele Unternehmen sind sehr traditionell aufgestellt, mit kleinen Marketing-Teams und sehr überschaubaren Budgets abseits klassischer Werbung. Selbst innovative SEO-Verantwortliche in Markenunternehmen beißen sich an festgefahrenen Strukturen rund um die Produktion und Freigabe von Artikeln die Zähne aus.
Hubspot dagegen hat diese skalierte SEO- und Content-Strategie für das Wachstum und zum Aufbau einer Markendominanz genutzt. Mit Erfolg: Viele Unternehmen nutzen Hubspot heute, weil das Unternehmen praktisch allgegenwärtig war. Bis vor etwa einem halben Jahr die SEO Rankings steil bergab gingen.
Zwei Thesen zum Absturz, die wir nicht für schlüssig halten
Einige SEO-Experten äußern die Vermutung, dass Hubspot in fremden Themengebieten wildert. Dass das Marketing also Themen bespricht, zu denen die Website und das Unternehmen eigentlich gar keine Autorität ist und keine Relevanz hat. Diese Ausnutzung der “Domain Autorität” ist Alltag in SEO.
Als plakatives Beispiel werden ein Artikel über das “Shrug Emoji” genannt und Artikel zu berühmten Zitaten. Wenn man aber genauer hinschaut, ist das nur ein Bruchteil der Artikel. Zudem haben beispielsweise die Zitate auch oft Business-Hintergrund wie die berühmtesten Zitate in Marketing und Vertrieb. Das ist Top-of-the-Funnel Content – aber keine Themenferne. Das sehen wir eher, wenn zum Beispiel eine IT-Website über Gesundheitsthemen schreibt (was auch vorkommt).
Die zweite Vermutung stellt in den Raum, dass der Content zu kurz ist (“Thin Content“). Viele Artikel seien nicht länger als ein paar hundert oder ein- oder zweistausend Wörter. Hubspot hat allerdings queerbeet und durch die Bank an Rankings verloren. Auch viele Artikel, die sehr ausführlich waren, sind abgestürzt. Zumal Artikel mit mehreren tausend Wörtern auch alles andere als kurz sind. All das spricht stark für eine seitenweite Neubewertung. Eine Analyse einzelner URLs macht dann keinen Sinn bzw. führt nur in die Irre.
Was passiert gerade bei Google?
Google kämpft seit Anfang 2024 sehr stark gegen die KI-Schwemme in den Suchergebnissen an. Die Kosten für ausführlichen Content liegen faktisch bei null Euro – wenn man rein auf die Anzahl der Wörter blickt. Es ist kein größeres Problem, mit ChatGPT einen ausführlichen Ratgeber-Artikel zu schreiben und diesen auf Keywords zu optimieren. Das Sprachmodell greift auf seinen Korpus zurück und generiert vereinfacht gesagt eine Zusammenfassung.
Google braucht also neue, weitere Rankingfaktoren. Im Leak voriges Jahr wurde bekannt, dass Google auch auf Nutzerdaten zugreift (siehe dazu unseren Artikel Klicks & Views als Rankingfaktoren). Am Ende muss der Content auch bei den Usern “funktionieren”. Sonst hat Google seinen Job als Suchmaschine nicht gut gemacht. Aus unserer Sicht “dreht” Google seit vielen Monaten immer wieder genau an diesem Rankingfaktor und prüft, wie sich die Suchergebnisse verändern.
Die Vermutung liegt nahe, dass Hubspot auch ein Opfer dieser algorithmischen Veränderungen ist. Eines von vielen in der letzten Zeit.
These: “Bad Klicks” sorgen für Rankingabsturz
Aus unserer Sicht ist “Low Quality Content” ein Inhalt, der bei Google erfolgreich rankt, entsprechend SEO Klicks erhält – und schlechte Nutzersignale auslöst. Google schaut also auf Seiten, die vorne stehen und bewertet diese anhand von Nutzersignalen. Die Nutzersignale sind zum Beispiel eine kurze Verweildauer oder eine hohe Back-to-Serp-Rate.
Die Wahrscheinlichkeit, dass Hubspot hier in einen Filter geraten ist, liegt hoch. Schließlich sind tausende Artikel perfekt durch-optimiert und erhalten entsprechend SEO-Traffic, den Google zur Bewertung heranziehen kann.
Genau in diese Richtung geht auch das “Helpful Content System“, das im vorigen Jahr immer stärker ausgerollt und erweitert wurde. Inhalte mit wenig Mehrwert können dazu führen, dass eine Website seitenweit abgestraft wird. In der Grafik ein Beispiel dafür von unserer Website, das einzelne Artikel auf Nutzer-Ebene sehr unterschiedlich performen. Metrik ist hier die Verweildauer.
Ausführlicher Content kommt nicht mehr gut an
Hubspot hat nicht “dünnen” Content – im Gegenteil. Viele Inhalte sind extrem ausführlich. Lange Listen wie “42 SEO Analyse Tools” sind Standard. Die Artikel sind zwar umfassend – bleiben aber zugleich oft oberflächlich. Das liegt bei einem Listen-Artikel in der Natur der Sache.
Viele dieser Listen-Artikel sind mit relativ simplen Screenshots hinterlegt. Im oberen Bereich werden Stockbilder genutzt. Es wird direkt zu Beginn mehrfach auf das eigene Produkt hingewiesen. Ein eingebundenes Video hat keinen direkten Zusammenhang zum Thema. Der Artikel hat sehr offensichtlich einen oberflächlichen, werblichen Charakter – trotz tausender Wörter.
Wir halten es für wahrscheinlich, dass solche Artikel keine guten Nutzersignale mehr auslösen. Die Nutzer sind mittlerweile besseres gewöhnt. Erst recht auf alternativen Plattformen wie TikTok, LinkedIn und anderen Kanälen, die interessanter, personalisierter und detaillierter sind.
Wie also damit umgehen? Hier besprechen wir in der Tiefe, wie wir auf Nutzersignale für SEO optimieren. Basis hierfür müsste ein ehrliches, tiefgehendes Content Audit sein, bei dem man den Content anhand von Nutzersignalen analysiert, nach Mustern sucht und daraus Ableitungen für Maßnahmen trifft.
Ausblick: Es wird alle erfolgreichen SEO-Projekte treffen
Der krasse SEO-Absturz von Hubspot ist kein Einzelfall. Auch in der Reisebranche sieht man zum Beispiel ähnliche Abstürze. Auch hier wird viel mit ausführlichen Listen gearbeitet.
Aus unserer Sicht ist aber jede Website gefährdet, die sehr stark auf durch-optimierten Content setzt und dieses Playbook skaliert. Denn darüber werden oft die Nutzer aus den Augen verloren. Es geht nur noch darum, möglichst viele Artikel zu veröffentlichen. Ohne sich klar zu machen, dass hier ein Sättigungsprozess bei den Usern stattfindet und die Qualitätsansprüche insgesamt steigen.
Je mehr Artikel erfolgreicher ranken, desto höher die Wahrscheinlichkeit, dass viele dieser halbgaren Artikel negative Nutzersignale auslösen – und die Website irgendwann seitenweit in einen Filter gerät und abstürzt.
Unternehmen, die das “Hubspot Playbook” gefahren sind, sollten aus unserer Sicht dringend ihre SEO-Strategie überdenken. Wir empfehlen, die Nutzersignale umfassend zu analysieren, neue Best Cases zu entwickeln und auf neue Content-Ansätze zu gehen, wie zum Beispiel First-Hand Experience Content.
Plakativ gesagt: Anstatt 50 Artikel im Monat zu veröffentlichen, von denen viele mit Freelancern und ChatGPT produziert werden, sollte man besser auf 20 Artikel gehen – und diese aber mit einer neuen, besseren Qualität produzieren, die auf Unterschiede setzt und redaktionell hochwertiger ist.
Das bringt am Ende mehr Traffic und deutlich weniger Risiko einer Abstrafung.
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